Blockiert - was nun?
- karinfrey3
- 18. Juni
- 3 Min. Lesezeit
"Es gibt keinen günstigen Wind für den, der nicht weiss, wohin er segeln will." Du kennst diesen oder ähnliche Sprüche sicherlich. Auch wenn du nicht segelst - wie ich - , weisst du, was er meint. Man braucht nicht immer Ziele, manchmal sind sie sogar einengend. Es gibt aber Momente im Leben, da hat man das Gefühl, man trete an Ort. Das ist unangenehm, kann sogar quälend werden, und manchmal ruft einen eine ausgewachsene Krise auf, jetzt endlich die Segel neu zu setzen. Hier kannst du lesen, wie Krisen für Wachstum und Entwicklung genutzt werden können.

Schau auf dein Leben zurück, und wahrscheinlich erinnerst auch du dich an Zeiten des Wandels, die meist nicht angenehm waren. Lebenserfahrung zu haben bedeutet auch, um diese Phasen zu wissen; zu wissen, dass es sie in jedem Leben gibt, dass sie sich ankündigen, dass sie durchlebt sein wollen, dass sie oft genug schmerzhaft sind, und dass sie vorüber gehen. Wenn alles gut ging kann man versöhnt und auch ein wenig stolz darauf zurückblicken: man ist gestärkt daraus hervorgegangen, hat eine notwendige Kurskorrektur vorgenommen und sich danach besser gefühlt. So gesehen ist jede Krise ein Geschenk. "Never miss a crisis!" lautet denn auch eine Aufforderung, die eine tiefe Wahrheit beinhaltet, auch wenn sie etwas zynisch anmuten mag.
Jedes Leben strebt nach Entfaltung. Entwicklung geschieht dabei nicht linear, sondern sprunghaft. Besonders gut sichtbar ist das bei der Entwicklung von Kindern. Plötzlich ist eine Fähigkeit da, plötzlich steht einem ein Mensch gegenüber, der offensichtlich "grösser" geworden ist. Die Entwicklung geht sprunghaft weiter. Und doch sind Rhythmen beobachtbar, oder besser gesagt Gesetzmässigkeiten.
Vergleicht man Biografien verschiedener Menschen, so fällt auf, dass rund alle 20 Jahre mehr oder weniger deutlich krisenhafte Phasen aufscheinen. Immer geht es dabei darum, sich von einer bekannten Situation zu lösen und in eine neue Lebenswirklichkeit einzutreten. Die erste und wohl prägendste dieser Krisen ist - die Geburt. Der Mensch verlässt den Mutterleib und wird "ausgestossen". Er muss das gemütliche, warme aber auch enge Gehäuse verlassen, und den ersten eigenen Atemzug tun. Damit hat er aber auch erlebt - natürlich unbewusst-, dass er "es geschafft hat". Dieser Moment prägt sich tief ein ins Körperbewusstsein und kann uns das Vertrauen geben, spätere Krisen erneut anzugehen und durchzustehen.
Es folgen Umbruchzeiten kurz vor dem 20. Lebensjahr, wenn es darum geht, das Elternhaus zu verlassen und auf eigenen Beinen zu stehen; dann Mitte der 30er-Jahre, wo sich manch eine fragt, ob das jetzt alles gewesen sei und ob man ob des gehetzten Berufs- oder Familienlebens die eigenen Ideale vollständig geopfert habe. Die Midlife-Crisis Mitte der 50er-Jahre ist häufiger Gesprächsstoff, und hier wird auch sichtbar, dass man solche Zeiten des Umbruchs bewusst durchleben, sie aber auch umgehen kann. Kann dem Verlust der Jugendkraft eine altersgemässe Reifung folgen, oder muss man kompensieren, indem man versucht, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen (Stichworte sind hier "die junge Freundin", "das teure Motorrad", "die hippen Klamotten", "die Schönheitsoperationen")? Wie gestaltet man das eigene Leben und die Beziehung, nachdem die Kinder das Haus verlassen haben? Findet man einen neuen Umgang miteinander, neue Themen und Ziele? Wie geht man um mit den jungen Berufskollegen und -kolleginnen, die stürmisch nachrücken?
Mit der Pensionierung und dem Eintritt in das "junge Alter" stellen sich noch einmal und oft sehr prägnant dieselben Fragen: wie gestalten wir unsere Beziehung, wenn plötzlich beide zuhause sind? Was mache ich mit meiner Zeit und meiner Energie, wenn mit dem Ende des Berufslebens der bisherige Lebensinhalt verschwindet? Wohin richte ich meine Interessen aus?
Solche Umbruchsituationen kommen, wie gesagt und wie wir alle wissen, in jedem Leben vor. Sie müssen sich beileibe nicht in Form von Krisen äussern. Manch eine gleitet sogar fast unbemerkt vorüber. Es kann aber sein, dass sich zum einen oder anderen Zeitpunkt das Gefühl einer Blockade einstellt. Susanne Hofmeister, bei der ich meine Ausbildung zum Coach für Biografiearbeit gemacht habe, formuliert die zentralen Fragen wie folgt:
"Was wollte ich eigentlich mit meinem Leben?"
"Bin ich mir noch auf der Spur?
"Wofür habe ich mich so angestrengt?"
"Was habe ich noch zu erwarten?"
Wenn ich die typischen Entwicklungsthemen kenne, die zum aktuellen Lebensabschnitt passen, kann ich darauf Antworten finden, und zwar vor dem Hintergrund des bereits gelebten Lebens.
Es gilt zu erkennen, welche Ressourcen man aufgebaut hat, welche Themen immer wieder aufscheinen und wohin es einen zieht. Welche Themen berühren mein Herz? Was macht mir Freude? Wofür möchte ich mich einsetzen? Wie will ich den Erfahrungsschatz einbringen, den ich in meinem Leben erworben habe?
Blockaden können gelöst werden, die Lebensenergie kann fliessen, wenn man mit Bewusstsein und Kreativität seine Schöpferkraft auch auf die Gestaltung des eigenen Lebens anwendet.
Letztlich geht es um nichts Geringeres als um das eigen Glück, die eigene Zufriedenheit und die eigene Gesundheit. Denn nichts macht uns glücklicher und hält uns gesünder, als das Gefühl, dazu zu gehören, gebraucht zu werden und in Dankbarkeit zu teilen, was uns wichtig ist.
Comments