Alles neu macht der Mai - wirklich?
- karinfrey3
- 13. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Den meisten von uns geht es gut. Wirklich gut. Wir leben in der Fülle, und auch wenn wir uns manchmal beklagen, schieben wir doch hinterher, dass "man ja nichts zu jammern hat. Anderen geht's viel schlechter." Das stimmt. Und doch gibt es da offenbar immer wieder dieses leise Gefühl, dass etwas fehlt, so erzählen mir manche Menschen. Ein frischer Wind täte gut. Nur: wohin soll er denn tragen?

"Das implizite Ziel , auf das Entwicklung immer final hinstrebt, ist ein Wachsen von Selbständigkeit und Eigenverantwortung.", so lese ich bei Friedrich Glasl, wenn er über "Konflikte, Krisen, Sternstunden" schreibt. Und tatsächlich erlebt jeder Mensch, dass er immer wieder in Spannungszustände gerät und stets aufs Neue eine stimmige Balance finden muss zwischen Anforderungen der Aussenwelt und Ansprüchen an sich selbst. Ein Leben lang reifen wir, kann Wissen, Haltung und Können wachsen, sodass wir als ganze Menschen zunehmend Antworten finden auf vielschichtige und komplexe Herausforde-rungen.
Allerdings wird uns dies nicht geschenkt. In jungen Jahren findet Entwicklung quasi "aus sich selbst heraus" statt. Innere Impulse bringen das Kind zum Gehen, zum Sprechen, und die meisten Kinder würden auch ohne Schule etliche Grundfertigkeiten entwickeln, einfach aus der Auseinandersetzung mit einer anregenden Umwelt heraus. Auch das Gewissen erwacht - wir wissen nicht genau, wie und weshalb-, und bis zu einem bestimmten Punkt im Leben wirken Interessen und Begabungen, von denen wir auch nicht genau sagen können, woher sie denn stammen.
Aber dann, - entwicklungspsychologische Studien zeigen, dass es meist um das dreissigste Lebensjahr herum ist-, ist es, als würde der innere Antrieb stiller. Wenn sich der Mensch dann nicht aktiv um seine Entwicklung kümmert und bemüht, bleibt diese irgendwie stehen.
Es ist nun zum Glück aber nicht so, dass das oben erwähnte "implizite Ziel der Entwicklung" verschwinden würde. Immer noch und immer wieder erlebt der Mensch so genannte Krisen, in denen alte Sicherheiten wanken, oft genug auch fallen, und neue Ideen und Werte gesucht werden müssten. Bleibt dieses Suchen oberflächlich und im Aussen verhaftet, "geht das Leben weiter". Man knüpft da an, wo man aufgehört hat, versucht vielleicht, dem Alter oder dem Leben ein Schnippchen zu schlagen und hofft, man sei noch einmal davon gekommen.
Krisen sind aber immer Weckmomente im Leben. Es geht dabei um ein Ringen, ein Ausbrechen oder Aufbrechen, das meist an der Schwelle von Innen- und Aussen-orientierung stattfindet. Jedesmal muss etwas verlassen werden, das bisher Orientierung und Stütze geboten hat, um sich auf das Wagnis einer unbekannten, aber intuitiv erstrebten Welt einzulassen. Solche Krisenmomente kennen wir alle: Krankheit, Trennung, Verlust des Arbeitsplatzes; etwas weniger dramatisch, aber nichts destotrotz oft sehr schmerzhaft: der Auszug der Kinder aus dem Haus, Wechseljahre, Pensionierung... Wenn es uns gelingt, solche Krisenzeiten auszuhalten, auszuwerten auch, bergen sie die Chance, dass innere Entwicklung stattfindet, dass man sich seinem Selbst annähert, das im Begriff der "Selbstständigkeit" steckt. Interessanterweise weitet sich damit oft genug auch der Blick über die eigene Person und das eigene Wohlergehen , sogar über die eigene Lebensspanne hinaus. Dann geschieht Reifung und man erlebt Interesse und Anteilnahme am Leben der Mitmenschen, an den Geschicken der Menschheit und des Planeten.
Entwicklung und Reifung brauchen nicht immer Weckrufe in Form von Paukenschlägen. Oft genug ist es ein leises Sehnen, eine flüsternde Stimme, die mahnt, dass irgend etwas fehlt. Das ist nicht Undankbarkeit oder Masslosigkeit. Meist ist diese Stimme nämlich nicht (oder nur vorübergehend) ruhig zu stellen mit Reisen, neuen Dingen, neuen Beziehungen. Sie fordert uns vielmehr auf, zuzuhören, in uns hineinzulauschen. Dann können wir in Kontakt kommen mit Wünschen und Bedürfnissen der Seele, die oft auf anstehende Entwicklungsschritte aufmerksam machen. Das müssen keine grossen Aktionen sein. Wohltuende Stille und tiefe innere Ruhe tritt dann ein, wenn die Schritte in die richtige Richtung gehen.
Manchmal ist es nötig, sich dafür Zeit und Raum zu nehmen und mit einem aktiv zuhörenden Gegenüber auf das eigene Leben zu schauen. Vielleicht hast du beim Lesen dieses Blogbeitrags diesen Impuls verspürt. Mit meiner Ausbildung in Biografiearbeit kann ich dich unterstützen dabei, die Aufbruchstimmung des Mai zu nutzen und die Segel neu zu setzen.
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