"Ich habe geliebt und wurde geliebt, ich habe viel bekommen und ein wenig zurückgegeben...Vor allem aber war ich ein fühlendes Wesen, ein denkendes Tier auf diesem schönen Planeten, und schon das allein war ein wunderbares Privileg und Abenteuer." Was der Neurologe und Autor Oliver Sacks zum Ende seines Lebens vor einigen Jahren schreibt, kann uns Orientierung sein in einem Alltag, der uns reifen und gesund und zufrieden sein lässt.

Vor kurzem fand ich das dünne Büchlein "Dankbarkeit", in dem der Rowohlt-Verlag die letzten Gedanken des Neurologen und Buchautors Oliver Sacks gesammelt und veröffentlicht hat. Dieser wusste im hohen Alter von 81 Jahren um sein nahes Ende (er hatte Krebs), und er hat es dabei nicht versäumt, mit liebevollem Blick auf sein Leben zu schauen - auf das vergangene und das gegenwärtige. Was wir da lesen dürfen, erwärmt das Herz, weitet die Gedanken und ist zugleich Lehrstück. Ein Lehrstück dafür, wie Dankbarkeit das Leben (und Sterben) erhellt, ja erleuchtet.
"Ich empfinde das hohe Alter nicht als einen Lebensabschnitt zunehmender Trostlosigkeit, den man ertragen und so gut wie möglich überstehen muss, sondern als eine Zeit der Musse und Freiheit, der Freiheit von künstlichen Zwängen früherer Tage, der Freiheit, alles zu erkunden, wonach mir der Sinn steht, und die Gedanken und Gefühle eines ganzen Lebens zusammenzufügen." Montaigne sagte, Philosophieren heisse, sterben lernen. Bei Oliver Sacks kann man lesen, wie das gemeint ist.
"Dankbarkeit" heisst das Büchlein mit diesen Essays. Es ist einmal mehr die Dankbarkeit, die Lebensmomente wertvoll werden lässt. Oliver Sacks freut sich auch angesichts seiner Schmerzen am Sternenhimmel. Er ist dankbar dafür, ein Mensch gewesen zu sein - ein Wesen, das denken und fühlen kann und auf dieser wunderbaren, erstaunlichen Erde leben durfte. Gerade letzteres ist ein Umstand, den wir gerne unterschätzen, oder einfach gar nicht als beachtenswert erachten. Was für ein Privileg ist es, als Mensch geboren zu sein, sich zu entwickeln und vor allem über sich nachdenken zu können! Wenn man sich dessen bewusst ist, dann können auch schwierige Zeiten besser ertragen werden. Wir erkennen sie dann als Möglichkeiten des Wachstums, als etwas, das halt auch dazu gehört - dazu gehört zu diesem grossartigen Geschenk des Menschenlebens.
Viel Freude beim Lesen dieser kleinen Kostbarkeit!
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