Du möchtest wissen, was dich erwartet, wenn du dich auf einen Biografiearbeitsprozess einlässt? Hier kannst du lesen, wie das bei mir war.

Seit Jahrzehnten beschäftige ich mich mit der Pädagogik Rudolf Steiners. Als Lehrerin überzeugten mich die Antworten der Anthroposophie auf grundlegende Fragen der Bildung und Erziehung von Kindern. Damals kam ich durch die Lehrpersonen meiner Töchter in Kontakt mit dem Wissen um den Siebenjahresrhythmus der Entwicklung. Ich lernte bestimmte Gesetzmässigkeiten kennen, die mich dabei unterstützten, den Weg meiner eigenen Kinder und der Schülerinnen und Schüler meiner Klassen zu begleiten. Um Gesetzmässigkeiten zu wissen hilft dabei, individuelle Variationen und Abweichungen zu erkennen, wertzuschätzen und ihnen unterstützend zu begegnen.
In der Mitte des Lebens angekommen, bewegten mich, wie viele meiner Freunde und Kolleginnen im gleichen Alter, Fragen rund um den Sinn des Lebens, den Stellenwert des Erreichten, mögliche Akzentsetzungen, die sich anboten. Zusammen mit einer Freundin arbeitete ich mich durch ein Arbeitsbuch mit dem schönen Titel "Unternehmen Lebenslauf". Wir orientierten uns an eben diesen Rhythmen und Lebensfragen, die eine Fortsetzung im Erwachsenenalter erfahren. Sie können die Folie sein, vor deren Hintergrund wir selbst dem Sinn unserer Leben auf die Spur kommen können. Diesmal betrachteten wir vor allem unsere Berufstätigkeit, die uns beiden sehr wichtig war. Biografiearbeit, lernte ich, ist keine Therapie. Vielmehr betrachten wir mit einem offenen und beinahe wissenschaftlich klaren Blick die Stationen unserer Leben, die Menschen, die uns prägten, Muster, die sich zeigen. Fast schon liess sich ein roter Faden erkennen – sowohl im Gelingen, als auch im Scheitern. Mit Hilfe von Fragen, Gestaltungsaufgaben und der Auseinandersetzung mit Geschichten, Bildern und Märchen näherten wir uns dem an, was ich heute als «dem Leben seinen eigenen Sinn geben» bezeichne.
Vor meiner Pensionierung dann stellte sich noch einmal diese Frage: Was will ich weiterführen? Was will ich loslassen? Was soll noch entstehen in den kommenden Jahren? Diesmal entschloss ich mich dazu, mit einer professionellen Biografieberaterin zu arbeiten. Sie hörte mir zu, spiegelte das, was sie hörte, stellte mir Aufgaben. Immer blieb ich selbst die Autorin meiner Geschichte. Ich interpretierte, ich stellte Zusammenhänge her, ich spann den Faden. Sie half mir dabei, Ressourcen zu entdecken, sorgfältiger hinzuschauen, Details zu ergründen, Gesetzmässigkeiten zu erkennen. Ich erfuhr die grosse Bereicherung durch diesen Menschen, der sich in Beziehung anbietet, mit mir auf die Geschichte(n) meines Lebens zu schauen. Grosse Dankbarkeit erfüllt mich, nicht nur gegenüber dieser Frau, sondern auch gegenüber den Menschen, die meinen Weg gekreuzt haben, gegenüber dem Leben, das sich so sinnhaft und intelligent entfaltet und gegenüber der Möglichkeit, dieses Kunstwerk weiter zu gestalten.
Parallel zu dieser Entwicklungsarbeit las ich mich über die Jahre ein in diese Kunst, Leben zu betrachten, zu befragen, zu verstehen. Und ich entschloss mich, den langen autodidaktischen Lernweg abzurunden mit einer Weiterbildung, die mir noch mehr methodisches Rüstzeug an die Hand gibt, um mich meinerseits zur Verfügung zu stellen, mit Menschen in Beziehung zu treten und mit ihnen ihre Geschichte zu entdecken.
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