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Perspektivenwechsel: die Kunst, die Sache einmal anders anzuschauen

Empathie und Kreativität sind zwei Eigenschaften, die wir alle möchten und brauchen. Die Welt fragt danach, Arbeitgebende wünschen sie sich von ihren Mitarbeitenden, und uns selbst geht es besser, wenn wir sie leben können. Doch wie kommen wir dazu? Was wir im Yogaunterricht und von Pippi Langstrumpf lernen können.

Interessanterweise sind es ganz unterschiedliche Welten, in denen Kreativität und Empathie gefragt sind: die Welt des Managements und die Welt des Yoga. Vielleicht ist dies ein Hinweis auf die grundlegende Bedeutung dieser beiden Eigenschaften. Wenn wir versuchen, unser Mitgefühl und unsere Gestaltungskraft zu schulen, stossen wir bald auf eine verbindende Qualität: diejenige des Perspektivenwechsels. Es hilft, wenn wir unsere Umwelt als auch uns selbst einmal von einer anderen Warte aus betrachten können. Das ist gar nicht so einfach, weil jede und jeder sich selbst der nächste ist, und weil uns unsere eigenen Erfahrungen mit der Welt und uns selbst bis ins Unterbewusstsein geprägt haben. Beides definiert die "Brille", mit der wir wahrnehmen, definiert auch, was wir sehen, und was von uns unbemerkt bleibt.


Perspektivenwechsel ist aber lernbar. Ein Weg geht über den Körper. Im Yogaunterricht kennen wir die Umkehrhaltungen, also alle ASANA, bei denen der Kopf tiefer liegt als das Herz. Wir stellen also den Körper und dessen Erfahrungen auf den Kopf, zwingen den Kreislauf zu ungewohnter Tätigkeit und erfahren so - vorausgesetzt, wir kennen und suchen diese Erfahrung - eine veränderte Weltsicht. Es muss gar nicht der Kopfstand sein, an den man hierbei sicher als erstes denkt. Bereits einfache Haltungen wie der herabschauende Hund (ADHO MUKHA SVANASANA) oder die Kindhaltung (BALASANA) führen den Kopf tiefer als das Herz. Völlig entspannt können wir diese Qualität in der Dreiviertelkerze (VIPARITA KARANI) erfahren, indem wir ein Kissen unter unser Gesäss legen und die Beine schräg über den Kopf führen. Körperlich freuen sich unsere Beinvenen über diese Entlastung, gesitig können wir diese Übung begleiten, indem wir unsere Gedanken schweifen lassen in die ungewohnte Weltsicht. Vielleicht ist es der Versuch, während der Übung die Sichtweise eines anderen Menschen einzunehmen, vielleicht auch, eine Fragestellung aus einer total anderen Perspektive zu beleuchten. Gefragt sind dabei nicht Logik und Analyse, sondern Fantasie und spielerische Annäherung.


Perspektivenwechsel ist aber auch lernbar über eine Haltung uns selbst und der Welt gegenüber, wie sie die Kinderheldin von Astrid Lindgren, PIPPI LANGSTRUMPF, uns vorlebt.

Pippi hat noch den unerschütterlichen Glauben an sich und an ihre Kraft, die wir alle während unserer Kindergartenzeit hatten. Die Neugierde des jungen Kindes und seine Unerschrockenheit bringen es mit sich, dass Siebenjährige oft gigantische Projekte in Angriff nehmen wollen und unglaublich viel zustande bringen. "Nichts ist unmöglich", lautet das Motto von Pippi und von manchem Kindergartenkind - eine Ansicht, die wir Erwachsenen oft frühzeitig korrigieren, vor deren Folgen wir warnen und deren Konsequenzen wir aus ängstlicher Vorsicht vielleicht oft zu früh unterbinden.

Was zeichnet die Weltsicht einer Pippi Langstrumpf aus?

- Sie ist neugierig. Sie fragt nach dem Warum, auch wenn es den Erwachsenen nicht passt. Unerschrocken schaut sie hin, macht auch mal den Kopfstand (!) und wundert sich, dass die Welt so doch ganz anders ausschaut. Machen wir es wie sie: bleiben wir neugierig!

- Sie "macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt". Sie hat ihre Träume, malt sie sich aus, geniesst das Wohlgefühl - und nimmt dieses mit in den Alltag. Machen wir es wie sie: programmieren wir unser Gehirn für Wohlgefühl, Freude, das Gelingen. Arbeiten wir mit Intentionen und Affirmationen und lassen diese in unserer Fantasie lebendig werden. Was denkbar ist, ist machbar! Vergessen wir das nicht, und denken wir uns die Welt so, wie wir sie haben und vor allem gestalten wollen!

- Sie sagt, was sie denkt. Pippi ist erfrischend ehrlich. Nicht bösartig, verletzend, beschämend. Nein, sie betrachtet die Welt und beschreibt, was sie sieht. Allein das erweitert unsere Perspektive als Leserin, als Zuhörer. Die Welt braucht Menschen, die neu denken. Seien wir mutig und zeigen uns mit unserer Sicht auf die Welt!

- Pippi ist begeistert. Was sie macht, macht sie mit Hingabe. Sie taucht geradezu ein in neue Erfahrungen, erlebt sie mit Haut und Haaren - und wächst gerade dadurch oft über sich selbst hinaus. Suchen wir nach Tätigkeiten, für die wir uns begeistern können. Meist sind wir in dem wirklich gut, das uns begeistert. Nicht zuletzt deshalb, weil wir es wieder und wieder tun und Übung den Meister, die Meisterin macht.


Empathie und Kreativität - es ist unschwer erkennbar, dass unsere Fähigkeit zum Perspektivenwechsel beides unterstützt und fördert. In der aktuellen Yogalektion üben wir uns im körperlichen Aspekt, den Umkehrhaltungen. Lustvoll begleiten lässt sich diese Sequenz, indem wir uns erlauben, hin und wieder dem siebenjährigen Kind in uns Raum zu geben. Wie sagt Pippi so schön? "Lass dich nicht unterkriegen. Sei frech und wild und wunderbar!"



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