Oft lesen wir Biografien berühmter Personen. Doch genauso aufschlussreich kann es sein, sich auf Lebenswege scheinbar ganz normaler Mitmenschen einzulassen. Seraina Sattler und Anna Six porträtieren 11 Kindheiten, die "anders" sind. Berührend, lebendig, wunderbar.
Es sind Männer und Frauen, die heute in der Schweiz leben, die ihre Kindheitsgeschichte den beiden Autorinnen erzählt haben. Diese schreiben im Vorwort: "Wir sind Mütter. Die Frage beschäftigt uns: Was haben wir als Eltern in der Hand und was nicht? Wie schicken wir unsere Kinder gestärkt auf den Weg - im Wissen darum, dass nur sie selbst ihren Weg gehen können? Nach der Auseinandersetzung mit elf vielfarbigen Lebensläufen sind uns diese Fragen näher denn je."
Wunderbar nah an den Autorinnen und Autoren ihrer Geschichte(n) kann die Leserin, der Leser eintauchen in berührend erzählte Leben, auch in Schweizer Gegenwartsgeschichte, Parallelen zum eigenen Leben erkennen und staunen ob der Andersartigkeit, die unmittelbar daneben existiert.
Im kongenialen Nachwort führt Heidi Simoni, Direktorin des Marie Meierhofer Instituts für das Kind aus: "Mit unserem autobiografischen Gedächtnis stellen wir Erlebnisse und Erfahrungen in einen Kontext und bringen sie in einen chronologischen Ablauf. Wir verknüpfen sie, verleihen ihnen Sinn und spinnen so den roten Faden in unserem Leben. Dies sind für die Identität und das Wohlbefinden eines Menschen ganz wichtige Prozesse. [...] Was eine stimmige, bedeutungsvolle Biografie ausmacht, wird auch von der soziokulturellen Umwelt geprägt. Und die Meschen im nahen Umfeld eines Kindes formen seine Autobiografie immer mit. [...] Wenn eine Person jedoch anders als andere ins Leben startet und aufgewachsen ist, können ihr wichtige Puzzleteile ihrer Biografie fehlen.[...] Hilfreich ist, wenn nahestehende oder behördlich verantwortliche Menschen unaufgeregt und zu gegebener Zeit erzählen, was sie über unsere Biografie wissen, und uns damit bei der inneren und äusseren Spurensuche unterstützen."
Ob unser Start ins Leben nun gewöhnlich oder anders verlief, wir alle haben unsere Geschichte. Wir alle haben das Bedürfnis zu ergründen, wie wir wurden, wer wir sind. Selbstverständlich verändern sich unsere Erinnerungen im Lauf der Zeit, weil wir auswählen, bearbeiten und immer wieder anders davon erzählen. So entsteht unsere jeweilige Biografie, deren Autorin, Autor jeder selbst ist.
Anregung dafür können wir finden beim Lesen oder Hören der Geschichte(n) anderer. Besonders viel Freude macht dieses Buch, das soeben im Christoph Merian Verlag erschienen ist.
Hinweis: Im Oktober beginnt mein Workshop "Ich schreibe meine Geschichte". Anmeldungen sind ab sofort möglich.
Comments