Irgendwann schaut man auf das eigene, bisherige Leben und staunt wahrscheinlich. Je nachdem, woran man sich erinnert, werden Spuren sichtbar, die ganz offensichtlich Muster bilden. Muster, die eine innere Schönheit aufweisen und an ein Kunstwerk erinnern. Wie gelingt dieses beglückende Erlebnis? In diesem und den folgenden Blogeinträgen werden wir der Verbindung von Glück und Biografie folgen.
Glück, so weiss die Forschung, stellt sich als Gefühl ein, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Eine davon ist Achtsamkeit. Achtsamkeit meint, den gegenwärtigen Moment bewusst und wertungsfrei wahrzunehmen. Wir lassen uns also nicht ablenken und schweifen gedanklich auch nicht ab. Vielmehr bleiben wir im Hier und Jetzt und beobachten, was geschieht - auch und vor allem in uns selbst. Achtsame Menschen erkennen viel öfter beglückende Momente - einfach, weil sie präsent sind und wach das Hier und Jetzt erleben, anstatt an Vergangenem oder Zukünftigem herumzustudieren.
Nebst der Bewusstheit gehört zur Achtsamkeit auch der Verzicht auf Bewertung. Das fällt vielen von uns schwer. Wie sehr sind wir gewohnt, alles zu kommentieren, und uns laufend in Bezug zu den Dingen zu stellen im Sinne von etwas gut oder weniger gut zu finden, schön oder hässlich, wertvoll oder wertlos. RUMI, der altpersische Dichter sagt:"Jenseits von Richtig und Falsch ist ein Raum. Dort können wir uns begegnen." Damit weist er darauf hin, dass viele Begegnungen schwierig werden, wenn es uns nicht gelingt, das Bewerten von uns selbst und dem anderen einen Moment aufzugeben und einfach wahrzunehmen, was ist. Bewertung stellt sich nämlich zwischen Betrachter und Objekt, auch zwischen zwei Subjekte. Sie bildet einen Filter, der unsere Aufmerksamkeit lenkt und bestimmte Dinge hervorhebt, andere in den Schatten treten lässt. Meist funktioniert dieser Filter so, dass man wahrnimmt, was man bereits zu kennen meint. Er bildete sich im Lauf der Vergangenheit, ist also vergangenheitsbestimmt - und verstellt uns so möglicherweise den Blick auf Überraschendes, Neues.
Was hat das nun zu tun mit dem Blick auf das eigene bisherige Leben? Das, was wir als unsere Biografie bezeichnen, besteht aus vielerlei Erzählungen und Geschichten, an die wir uns erinnern, oder die wir erzählt bekamen. Dabei haben wir und diejenigen, die uns unser Leben erzählen, immer Dinge ausgewählt und andere weggelassen. Dies ist nicht zu vermeiden, weil es viel zu viele Aspekte gibt, die zu erinnern wären, und auch, weil jeder Betrachter, jede Beteiligte ihren eigenen Blick auf das Geschehen hatte. Allein schon diese Auswahl beinhaltet eine Wertung, nämlich diejenige, was es wert ist, erinnert zu werden. Und je nach Grundstimmung ergibt sich ein Bild, das wir als eher bunt oder grau, fröhlich oder traurig, bewegt oder langweilig empfinden.
Ein achtsamer Blick auf das bisherige Leben nun betrachtet bewusst und möglichst wertfrei jedoch voller Achtung und Respekt das Erinnerte und Erzählte. Mit liebevoller Distanz schauen wir auf das, was sich vor unserem Blick entfaltet im Wissen darum, dass jedes Leben eine innere Schönheit beinhaltet, die entdeckt werden will. Nebst den offensichtlichen Daten und Fakten, die jeden beruflichen Lebenslauf bestücken, gibt es da Begegnungen, Ereignisse, erinnerte Stimmungen, die plötzlich auftauchen mit einer Lebendigkeit und Frische, als wären sie eben erst geschehen. Es werden nicht nur angenehme Situationen sein, derer wir uns erinnern. Auch Momente des Versagens, der Scham, des Schreckens werden vorkommen - einfach, weil diese zu jedem Leben gehören. Wenn wir achtsam auf das eigene Leben schauen, lassen wir uns von all dem nicht gefangen nehmen und in irgendeine Gefühlslage bringen. Vielmehr erkennen wir - vielleicht auch mit Hilfe einer Beratungsperson - , worauf uns bestimmte Muster hinweisen wollen. Was ist jetzt nötig, damit ich mit meinem Leben zufrieden sein kann? Was brauche ich jetzt? Welchen losen Faden meines Lebensgewebes möchte ich aufnehmen und fertig verarbeiten?
Wir selbst sind die Künstlerin, der Künstler, die das eigene Leben gestalten. Bis zu einem bestimmten Punkt sind wir in ein Leben gestellt, das uns gegeben ist. Aber irgendwann haben wir die Freiheit, mit dem Gegebenen und dem Gewachsenen kreativ umzugehen. Wir können die Geschichten und Erzählungen, die unsere Biografie bilden einordnen, gegebenenfalls anpassen, und wir können vor allem aktiv werden und das Kunstwerk des eigenen Lebens selbstbestimmt ausgestalten und weiterentwickeln. Voller Respekt gegenüber dem, was gewachsen ist. Und voller Vorfreude auf das, was kommen will.
Vielleicht hast du Lust, deine Biografie besser verstehen zu lernen und sie aktiv weiterzugestalten? Hier findest du Anregungen und Unterstützung, wenn du dies nicht alleine machen willst. Dein Zukunfts-Ich erwartet dich - und damit sind Glücksgefühle garantiert.
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