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Abschliessen - und Raum schaffen für Neues

Bald ist er da, der kürzeste Tag des Jahres. Die Wintersonnenwende am 21. Dezember hat etwas Magisches, findest du nicht auch? Die Kräfte der Natur haben sich ganz zurückgezogen, und wir wissen, dass sich tief im Inneren der Erde Neues bildet. Auch wir Menschen können diese Zeit des Übergangs nutzen, um Ausgedientes loszulassen und Raum zu schaffen für das Neue, das in der Stille des Winters in uns keimt.

Viele von uns kennen die Rauhnächte, jene besonderen Tage und Nächte zwischen den Jahren, und etliche gestalten sie auch mit kleinen Ritualen, um das neue Jahr vorzubereiten. Doch kennst du auch die SPERRNÄCHTE? Erst dieser Tage habe ich sie kennengelernt, obwohl sie seit Jahrhunderten zu unserem Kulturkreis gehören.


Unsere Vorfahren, die noch viel verbundener mit den Naturzyklen lebten, nutzten die Wochen nach Abschluss der Pflanz- und Ernteperioden und die kalten Tage im Haus, um ihr Hab und Gut zu sichten. Man reinigte die Werkzeuge und das Haus, und man sortierte alles aus, was man nicht mehr brauchte. Überflüssiges, Abgeschlossenes oder Überkommenes wurde weggegeben, entsorgt oder auch "archiviert". Damit schaffte man Raum für das Neue, das man im kommenden Jahr erwartete. Dies geschah sowohl praktisch als auch symbolisch. Und so etablierten sich in einigen Gebieten unseres Kulturkreises die Sperrnächte. Man nutzte die kurzen Tage und langen Nächte vor der Wintersonnenwende ganz bewusst, um sich nicht nur vom ausgedienten Materiellen zu trennen, sondern man überlegte auch, was man an überkommenen oder belastenden Erfahrungen loslassen - "wegsperren" - möchte, damit Neues entstehen kann.


Mir gefällt diese Denkbewegung, gerade auch als Vorbereitung auf die Rauhnächte, in denen man sich ja dem Neuen zuwendet, ihm quasi den Boden bereitet.

Erfahrungsgemäss fällt es den meisten Menschen leichter, Gedankliches oder Emotionales zu bearbeiten, wenn sie es mit einer Handlung verbinden können. Daher schenke ich dir hier eine Idee für ein Ritual, mit dem du für dich die Sperrnächte gestalten kannst. Du kannst es gerne für dich abwandeln, sodass es deinen Fertigkeiten entspricht. Nutze es, um wertschätzend auf das zu Ende gehende Jahr zurückzublicken, deine Erfahrungen und Erlebnisse zu sortieren, Belastendes und Unnötiges loszulassen und so Raum zu schaffen für all das Neue, das in den kommenden dunklen und kalten Winterwochen in dir entstehen möchte.


Du brauchst für dieses Ritual Ungestörtheit, Papier und Bleistift, ein feuerfestes Gefäss, flüssige Malfarben (Aquarell, Acryl, Gouache oder ganz normale Wasserfarben) und festes Malpapier. Wenn du magst, kannst du schöne Musik laufen lassen und mit Räucherwerk den Raum gestalten. Du kannst den ersten Teil gerne auch im Freien ausführen.


  1. Werde dir bewusst, welche Gedanken, Erlebnisse, Bilder, aber auch Gewohnheiten oder unguten Beziehungen du loslassen möchtest, weil sie dir nicht gut tun.

  2. Schreibe alles auf ein Blatt Papier.

  3. Zerreisse das Papier und beginne dich innerlich bereits jetzt vom Aufgeschriebenen zu lösen.

  4. Lege die Papierschnipsel in eine feuerfeste Schale und zünde die Schnipsel an. Begleite den aufsteigenden Rauch mit deinen Gedanken und nimm wahr, wie all das, was du aufgeschrieben hast, sich im Feuer auflöst und mit dem Rauch entschwindet. Was übrig bleibt, ist Asche.

  5. Sammle die Asche (oder einen Teil davon) ein.

  6. Die Erfahrungen und Gefühle, die du soeben symbolisch verbrannt hast, waren vielleicht schmerzlich oder unangenehm, aber sie sind Teil deiner Lebenserfahrung und damit ein wertvoller Bestandteil der Persönlichkeit, die du jetzt bist. Deshalb sollen sie sich nicht einfach nur in Rauch und Asche auflösen, sondern sollen - ebenfalls im übertragenen Sinn -, als verwandelter, "veredelter" Wertstoff für kommende Entwicklungen dienen. Dies verdeutlichen wir im zweiten Teil dieses Rituals.

  7. Lege dir ein grosses Blatt Malpapier zurecht und wähle aus deinen Malfarben intuitiv Farbtöne, mit denen du das Blatt bemalen willst. Dies wird der "Malgrund", in den du die Asche des Verbrannten einarbeiten wirst. Male einfach drauflos. Vielleicht magst du mit Erdfarben arbeiten, abstrakt oder konkret - lass dich treiben und schau, was entsteht.

  8. Irgendwann beginnst du dann, in einem Töpfchen die Asche mit flüssiger Farbe zu vermischen und ebenfalls aufzutragen. Besonders sinnreich kann es sein, bei diesem Schritt mit Goldfarbe zu arbeiten. Damit verleihst du der Idee Gestalt, die verwandelte Erfahrung veredelt weiterzunutzen, dein Leben damit zu verschönern. Das ist aber nicht nötig. Es geht hier um das bewusste Einarbeiten, das Weitergestalten, das Veredeln.

  9. Schenke deinem Werk Wertschätzung und bestaune, was da entstanden ist.


Denk daran: dieses kleine Ritual soll dir dabei helfen, deine Gedanken zu lenken und ein inneres Geschehen greifbarer umzusetzen. Vielleicht magst du nicht malen, vielleicht ist dir auch das Verbrennen unangenehm. Probiere in dem Fall einen anderen Weg aus, die Idee der Sperrnächte so umzusetzen, dass sie für dich passt.


Alles, was uns dabei unterstützt, bewusster mit unserem Leben, unseren Erfahrungen und unseren Ressourcen umzugehen, ist wertvoll und befördert unsere Entwicklung. Da wir Menschen Teil der Natur sind, hilft es uns, wenn wir uns mit ihr bewegen, ihre Rhythmen aufnehmen und uns ihnen hingeben. Die Gestaltung der dunklen Jahreszeit gehört dazu. Ich wünsche dir viel Freude und Leichtigkeit dabei.

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